Katze auf Reisen – Die Wiener Kaffeehauskultur
Warum ein Wiener Kaffeehausbesuch mehr ist als ein schneller Espresso: Ein Ort der Muse, der Begegnung und der kleinen Fluchten aus dem Alltag.
In Wien sagt man nicht einfach: „Ich geh auf einen Kaffee.“ Man setzt sich, verweilt und philosophiert über Gott und die Welt – vorzugsweise bei einem kleinen Braunen und einem Stück Apfelstrudel, das mehr Sahne hat als Sinn.
Wer einmal in einem echten Wiener Kaffeehaus saß, weiß: Hier wird die Zeit nicht vertrieben, sie wird zelebriert. Zwischen plüschigen Logen, klirrenden Löffeln und grantelnden Kellnern (die man trotzdem liebt) entfaltet sich ein ganz eigenes Lebensgefühl – irgendwo zwischen Melancholie und Melange.
Historische Wurzeln – Die Bohne, die Wien veränderte
Von der ersten Tasse im 17. Jahrhundert bis zur UNESCO-Auszeichnung – ein kurzer Streifzug durch die Geschichte der Wiener Kaffeehauskultur.
Die Geschichte der Wiener Kaffeehauskultur beginnt nicht etwa mit einem hippen Barista, sondern mit Kanonendonner und Kriegslist. Im Jahr 1683 belagerten die Osmanen Wien – die sogenannte Zweite Türkenbelagerung. Als das Entsatzheer unter dem polnischen König Jan III. Sobieski die Stadt befreite, hinterließen die flüchtenden Türken nicht nur zerstörte Lager, sondern auch mysteriöse Säcke mit dunklen Bohnen.
Was für viele nach Kamelfutter aussah, entpuppte sich als Kaffeebohnen – und hier beginnt die Legendenbildung. Der Kundschafter Georg Franz Kolschitzky, der angeblich als Türke verkleidet durch feindliche Linien schlich, soll diese Bohnen erkannt und das erste Wiener Kaffeehaus eröffnet haben.
Doch historisch gesichert ist eher, dass der Armenier Johannes Theodat (auch Deodat genannt) 1685 das erste offizielle Kaffeehaus gründete – mit kaiserlicher Ausschankgenehmigung und dem nötigen Know-how zur Zubereitung.
Was damals als exotisches Getränk galt, wurde rasch zum gesellschaftlichen Ereignis. Die Wiener verliebten sich in den Kaffee – vor allem, als jemand auf die Idee kam, ihn mit Milch und Zucker zu servieren. Diese süße Innovation machte den Kaffee salonfähig und das Kaffeehaus zum Wohnzimmer der Stadt.
Die Architektur des Verweilens – Wo Möbel Geschichten erzählen
Ein echtes Wiener Kaffeehaus erkennt man nicht an der Kaffeemaschine, sondern an den Möbeln, die schon vor dir dort gesessen haben. Marmortischchen, die den Espresso mit Würde tragen, Thonet-Stühle, die mehr Haltung haben als manche Gäste, und Logen, in denen Generationen von Denkerinnen, Dichterinnen und ewigen Tagesträumer*innen ihren festen Platz fanden.
Die Räume selbst scheinen mit Absicht altmodisch – nicht aus Mangel an Innovation, sondern aus purer Liebe zur Kontinuität. Hohe Decken, getäfelte Wände, Kronleuchter, die ein bisschen Staub und ganz viel Charme tragen. Zwischen Zeitungstischen und rauchigen Gardinen verläuft die Zeit nicht linear, sondern in Schlaufen aus Gesprächen, Gedichten und dem gelegentlichen
„Haben S’ scho bestellt?“.
Und egal, ob du allein kommst oder in Gesellschaft – du wirst nicht beäugt, sondern einfach Teil dieses sich stetig wandelnden Stilllebens. Die Architektur eines Wiener Kaffeehauses ist kein bloßes Dekor, sondern eine Einladung zum Bleiben, zum Denken, zum Sein.
Kultur, Kunst & Klatsch – Wenn der Kaffee zur Muse wird
Ein Wiener Kaffeehaus ist nicht einfach ein Ort, an dem man sitzt – es ist ein Ideenbrutkasten mit Marmorplatte. Hier wurden Theaterstücke konzipiert, Gedichte verworfen und revolutionäre Gedanken zwischen Mehlspeisen diskutiert. Literaten wie Arthur Schnitzler, Peter Altenberg oder Karl Kraus hatten ihren fixen Platz – teils täglich, teils stundenlang, teils ungestört von der Außenwelt. Altenberg ging sogar so weit, seine Post ins Café Central zustellen zu lassen.
Die Kellner wurden zu Vertrauten, die Gäste zu Charakteren in einem fortlaufenden Roman. Man wusste, wer was bestellt, wer worüber schimpft und ob jemand seine Zeitung lieber gefaltet oder ausgebreitet liest. Und ja – wer im selben Kaffeehaus regelmäßig einkehrt, wird irgendwann Teil der Einrichtung. Manche sagen, es gibt Logen, die leise weiterreden, selbst wenn niemand dort sitzt.
Auch heute schwingt dieser kreative Geist mit: Gespräche beginnen oft belanglos („Schaut’s, des Kipferl schaut grantig!“), enden aber bei philosophischen Fragen über Liebe, Lebenssinn oder ob man für einen zweiten Mokka noch genug Zeit hat.
Und dass der ältere Herr generell mit
„Habe die Ehre, Herr Kommerzialrat“
begrüßt wird versteht sich von selbst 😊
Das absolute Sahnehäubchen auf jeder guten Geschichte! ist die Musik.
Das Café Hawelka wurde in Georg Danzers legendärem Lied „Jö schau“ verewigt – ein humorvoller Austropop-Klassiker aus dem Jahr 1975, der eine skurrile Szene beschreibt: Ein nackter Mann betritt das Hawelka, und die Reaktionen der Gäste reichen von Empörung bis zur charmanten Wiener Gelassenheit
Ein paar Zeilen aus dem Lied, die den Wiener Schmäh perfekt einfangen:
„Jö schau, so a Sau, jössas na – Wos macht a Nackerter im Hawelka?“
Das Lied ist nicht nur witzig, sondern auch ein liebevoller Blick auf die Kaffeehauskultur als Bühne des Alltags – wo alles passieren kann, und meistens auch passiert.
Kaffeegenuss heute – Zwischen Melange und Matcha
Wien mag traditionsverliebt sein, aber beim Kaffee weiß man: Stillstand ist der wahre Koffeinkiller. Die Klassiker wie Einspänner, kleiner Brauner oder Verlängerter sind nach wie vor Kult – nicht nur wegen des Geschmacks, sondern wegen des Gefühls, das sie servieren. Wer beim Demel, beim Sperl oder im Café Central eine Melange bestellt, bekommt nicht einfach ein Getränk, sondern eine Tasse mit Geschichte, Gravitas und meistens auch einem Glas Wasser mit Silbertablett-Attitüde.
Aber Wien kann auch anders: Zwischen den alteingesessenen Cafés poppen moderne Röstereien auf, die mehr Experimentierfreude in die Tasse kippen als eine französische Theatergruppe in die Proben. Da gibt’s Cold Brew mit Hibiskus, Hafermilch-Cappuccino mit Bio-Siegel und Filterkaffee, der mit so viel Liebe aufgebrüht wird, dass man sich fast entschuldigen möchte, ihn zu trinken.
Ein Paradebeispiel? Das „Kaffeefabrik“ oder „Jonas Reindl“ – jung, urban und trotzdem mit Respekt vor der Bohne. Und das Café Hawelka? Das hält sich unbeeindruckt von Trends – hier riecht’s noch nach Buchteln, Bohnen und literarischer Vergangenheit.
So zeigt sich Wien in der Tasse: eine Stadt, die Tradition hochleben lässt und trotzdem Raum für Neues findet. Ganz nach dem Motto: Die Melange bleibt – aber sie darf auch mal tanzen.
Wiener Kaffee: Wer die Wahl hat …
Die Wiener Kaffeehäuser bieten eine solche Vielfalt, dass es schwerfällt, sich hier für eine der leckeren Kaffeevarianten zu entscheiden. Hier ein kleiner Überblick zu den beliebtesten Wiener Kaffeespezialitäten, die übrigens traditionell mit einem Glas Wasser serviert werden.
Mokka bzw. Kleiner Schwarzer: Die Basis der Wiener Kaffeespezialitäten
Die Basis aller Wiener Kaffeespezialitäten ist der Mokka. Dabei handelt es sich um einen schwarzen Kaffee ohne Zucker oder Milch. Klassisch wird er in einer Seihkanne oder auch Karlsbader Kanne gefiltert. In modernen Kaffeehäusern bekommt man ihn inzwischen aus der Espressomaschine. Wird in Wien ein Mokka bestellt, wird er als sogenannter Kleiner Schwarzer serviert. Ist er mit heißem Wasser gestreckt, nennt man ihn einen Verlängerten Schwarzen.
Großer Schwarzer
Der Große Schwarze ist nichts anderes als ein doppelter Kleiner Schwarzer, der in einer dementsprechend größeren Schale serviert wird.
Kleiner Brauner und Großer Brauner
Ein Kleiner Brauner ist schlicht ein einfacher Mokka, der mit Schlagsahne verfeinert in einer kleinen Schale serviert wird. Ebenso wie den Kleinen Schwarzen, gibt es auch den Kleinen Braunen als verlängerte Version mit heißem Wasser. Der Große Braune ist das etwas größere Pendant zum Kleinen Braunen – hier wird ein doppelter Mokka mit Schlagsahne zubereitet.
Franziskaner
Der Franziskaner ist eine Wiener Kaffeespezialität aus einem etwas verlängerten Mokka mit warmer Milch und Schlagsahne. Diese Zubereitung wird in einer großen Schale serviert.
Wiener Melange
Die Wiener Melange ist dem Franziskaner von der Zubereitung her sehr ähnlich. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Wiener Melange mit einer Haube aus Milchschaum statt aus Schlagsahne kredenzt wird. Sie ähnelt damit dem Cappuccino. Unterschiede sind die mildere Kaffeesorte und die geringere Menge Milchschaum bei der Melange.
Kapuziner
Beim Kapuziner handelt es sich um einen kleinen Mokka, der mit ein paar Tropfen Schlagsahne verfeinert wird. Aufgrund seiner bräunlichen Farbe, die der einer Kapuzinerkutte ähnelt, wird diese Wiener Kaffeespezialität noch heute Kapuziner genannt.
Einspänner
Wer bei einem Einspänner an Pferdekutschen denkt, liegt nicht ganz falsch, diese Wiener Kaffeespezialität hat ihren Namen nämlich von einspännigen Pferdefuhrwerken. Der Einspänner, der traditionell in einem Glas mit Henkel serviert wird, besteht aus einem Mokka mit der Haube aus kalter Schlagsahne. Zu dem Heißgetränk wird meist Puderzucker gereicht. Damals wurde das Getränk oft von Kutschern getrunken, da es sich mit einer Hand trinken ließ und der Kaffee durch die Sahnehaube lange heiß blieb – daher auch sein ungewöhnlicher Name
Fiaker
Wenn es mal ein Wiener Kaffee mit Schuss sein darf, empfiehlt sich ein Fiaker. Diese Kaffeezubereitung besteht aus einem großen Mokka mit viel Zucker und 2cl Sliwowitz oder Rum und wird in einem Glas serviert. Zu guter Letzt wird das Bild noch mit einer Kirsche auf dem Sahnehäubchen abgerundet. Den Namen hat diese Kaffeespezialität von den Kutschern Wiens. Sie tranken den Fiaker wohl sehr gerne und hielten sich mit dem Alkohol warm.
Kosakenkaffee
Diese Wiener Kaffeespezialität hat es in sich. Die im Einspännerglas servierte Zubereitung aus einem kleinen Mokka und flüssigem Zucker wird nicht nur mit Rotwein, sondern auch mit Wodka verfeinert.
Zarenkaffee
Beim Zarenkaffee handelt es sich um eine recht ungewöhnliche Kaffeespezialität. Dem einfachen, starken Espresso, der als Basis des Zarenkaffees dient, wird vor dem Servieren eine Haube aus gezuckertem und verquirltem Eigelb aufgesetzt.
Wiener Eiskaffee
Auch die Wiener lieben Eiskaffee. Und da ihre Kaffeeszene eine berühmte und vielseitige ist, gibt es natürlich auch eine Wiener Variante des Eiskaffees. Der warme Kaffee wird dabei über das Eis gegossen und mit Milch und Zucker verfeinert. Stilecht mit Strohhalm und langem Löffel servieren. Um ihn perfekt zu machen, kann der Eiskaffee noch für zwei Stunden in den Tiefkühlschrank gestellt und vor dem Servieren noch einmal aufgeschlagen werden.
Wiener Kaffee – für jedermann etwas dabei!
Wie ihr seht, gibt es für jeden Geschmack den geeigneten Wiener Kaffee. Ob stark oder mild, süß oder markant – hier findet jeder seinen Lieblingskaffee. Wenn ihr also mal in Wien zu Besuch seid, gönnt euch einen Aufenthalt im Kaffeehaus eurer Wahl und lasst euch einen echten Wiener Kaffee servieren. Ihr werdet es nicht bereuen!
Fazit – Warum man sich Zeit nehmen sollte
In einer Welt, die immer schneller klickt, scrollt und rennt, steht das Wiener Kaffeehaus wie ein feingepolsterter Gegenentwurf da. Hier wird die Uhr nicht getaktet, sondern ignoriert – zugunsten eines tiefen Atemzugs, eines längeren Gedankens und eines sehr ausführlichen Gesprächs über „eh alles und nix“.
Wer sich in eine dieser altmodischen Logen setzt, merkt: Das Leben ist kein Sprint – es ist eine Melange.
Ob du nun wegen der Architektur kommst, der Geschichte, der Stimmung oder einfach nur wegen des besten Einspänners diesseits der Donau – das Kaffeehaus belohnt dich mit einem Gefühl, das kein To-Go-Becher je bieten kann: Du bist angekommen. Und du darfst bleiben.
Hat dir dieser Beitrag gefallen und du möchtest auch in der Zukunft keine tollen Tipps zur Katzenhaltung oder interessante Produktempfehlungen verpassen?
Abonniere einfach unseren Blog und erhalte die neuesten Beiträge einfach direkt in den Mailfach.
Gerne darfst du auch unsere Beiträge mit anderen Katzenliebhabern teilen.

